Erfahrungsbericht einer ehrenamtlichen Hospizbegleiterin:
Erfahrungen mit dem Tod hatte ich bereits in der Kindheit, ohne richtig zu verstehen, was es ist. In der Jugend hatte ich weitere Todesfälle miterlebt, meist unfreiwillig und doch erstaunlich gefasst.
Als meine Mutter fünfzig Jahre alt wurde, kam die Diagnose Gehirntumor. Es traf uns alle wie ein Tornado. Es folgten Operation, Rehabilitation usw. In den folgenden Jahren lernte ich, viel Geduld aufzubringen, um mit dem veränderten Menschen
klarzukommen sowie die noch vorhandenen Reaktionen mit Achtung und Würde zu akzeptieren. Es waren trotz des Schmerzes lehrreiche Jahre meines Lebens.
Viele Jahre später wurde ich von einer Bekannten gebeten, ihren sterbenden Mann zu begleiten. Ich tat dies gerne.
Nach einem Vortrag über ehrenamtliche Sterbebegleitung meldete ich mich beim Hospiz Förderverein zur Ausbildung an.
Die Ausbildung war sehr informativ. In der Hälfte der Ausbildung begannen wir im Hospiz mit dem Praktikum. So kam ich zum ersten Mal mit
wirklich fremden sterbenden Menschen zusammen.
Meine erste Begegnung war ein junger Mann mit einundzwanzig Jahren.
Ich stand zuerst sprachlos am Bett und dachte: “warum so jung?” und “dieser blöde Tumor im Kopf!”. Aber ich fasste mich bald und dachte zurück an meine Mutter. Akzeptiere, was da ist, es ist sein Leben. Ich kann nichts ändern. Ich gebe mein Bestes, Würde, Achtung,
Aufmerksamkeit und Akzeptanz.
Nach der Ausbildung blieb ich weiterhin ehrenamtlich im Hospiz. Ich habe so viele
wunderbare Begegnungen erfahren. Da war z. B. Frau H. Mit ihr verband mich sehr viel in den 6 Monaten Begleitung. Wir hatten das gleiche Hobby, Garten und Rosen, gerne gute Gespräche und vieles mehr. Oder Herr W., der gerne z.B. Skat, Brettspiele und andere Spiele spielte. Oft geht es bei diesen Begegnungen lustig zu, was manch andere außenstehende Personen nicht immer verstehen können. Auch kochen und essen wir gerne zusammen, wenn es noch möglich ist.
Viele Menschen denken beim Sterben nur an Traurigkeit, Verlassenheit, Ohnmacht,
Dunkelheit, Alleinsein. Ich bin aber überzeugt, dass man jeden Tag und nicht nur die Tage vor dem Sterben intensiv leben sollte mit allen Höhen und Tiefen. Sich erfreuen an der Sonne, den Blumen, den Mitmenschen und alles, was einem wichtig ist.
Bei meiner Begleitung achte ich stets, dass ich mein Ego immer im Hintergrund halte,
damit ich der zu begleitenden Person niemals meine Gefühle, mein Wissen, meine
Gedanken, meinen Willen aufdrücke und womöglich diese Person so noch damit belaste.
Bei einer Begleitung geht es niemals um mich, sondern - wie das Wort schon sagt - um
Begleitung.